verabschiedung.trefz.kleinMit Dr. Jakob Trefz verlässt ein Lehrer höchsten wissenschaftlichen Niveaus das Gymnasium Michelstadt Richtung Ruhestand, der trotz schwerer gesundheitlicher Einschränkungen während der letzten Jahre seine Lehrtätigkeit in den Fächern Chemie und Physik mit Ausdauer, festem Willen und Energie gestaltet hat.

Strenge, aber auch viel menschliche Wärme zeichneten den in Russland Geborenen mit dem individuellen Pluspunktsystem dabei aus und hätten es die Umstände der kleinen Feierstunde erlaubt, so wären sicherlich sehr viele seiner ehemaligen Schützlinge gern zu seiner Verabschiedung angereist, um ihm eine noch größere Ehrung zu bereiten.

 

Seine anhaltende Begeisterung für Projekte, Wettbewerbe und die nachhaltige Förderung begabter und interessierter Schülerinnen und Schüler gehörte nach den Worten von Fachbereichsleiter Richard Knapp, der die offizielle Verabschiedung als Vertreter der Schulleitung vornahm, zu Trefz‘ fachlichem Selbstverständnis, ohne dass sein hohes Engagement dabei jemals selbstverständlich gewesen wäre. Allerdings hat es sicherlich eine frühe Weichenstellung in seinem russischen Geburtsland erfahren, wo Trefz bereits als Schüler den zweiten Platz in der Chemie-Olympiade der damaligen UdSSR errang – gemessen an den Bevölkerungsdimensionen des einstigen Ostblock-Verbundes eine immense Leistung! Und auch schon an Universitäten der früheren Sowjetunion betreute er besonders begabte Studierende. Doch sein Lebensweg führte ihn nach dem Studium im heutigen St. Petersburg und seiner Promotion an der Akademie der Wissenschaften Moskau 1992 nach Deutschland. 

Hier wurde Düsseldorf zum Standort seiner pädagogischen Ausbildung. Nach erstem und zweitem Staatsexamen kam schließlich das Gymnasium Michelstadt in den Genuss seiner beeindruckenden fachwissenschaftlichen Kompetenz auf nahezu allen Gebieten der Chemie und Physik. Neben dem Fachbereichsleiter, der aufgrund der Pandemie-bedingten personalen und räumlichen Beschränkungen seine Laudatio lediglich im kleinen Rahmen hielt, betonten auch die Fachsprecher der beiden Naturwissenschaften Trefz‘ stetigen Blick über den fachlichen Tellerrand. So erinnerte Ralf Amann seine Physik-Kollegen an die vielen philosophischen Zitate aus der Weltliteratur, mit denen der künftige Ruheständler seine Forschungsideen und Arbeiten – auch hierin universell gebildet – begleitete, während Alexander Sehring als Fachsprecher der Chemiker die nachhaltige Prägung von Trefz‘ Schülerinnen und Schülern an einem Beispiel aus den Arbeiten für das MINT-Camp verdeutlichte: Im Rahmen des Forschungsprojektes für den naturwissenschaftlichen Nachwuchs der Schule konstruierte Jakob Trefz eigens ein Fotometer von Grund auf neu. Hierzu gehörte die Entwicklung eines kompletten elektronischen Schaltkreises und während die Mitglieder des Fachbereichs sich noch darüber verwunderten, mit welchen baulichen Komponenten der gewiefte Kollege dieses Unterfangen wohl bewerkstelligen wolle, ging der schon an die technische Realisierung vermittels eines „Schuhkartons“. 

In Verbindung mit geeigneten chemischen Reaktionen konnten die Projekt-Teilnahmer dann nicht nur den Eisen-Gehalt in Mineralien aus dem Rehbacher Steinbruch bestimmen, sondern es wurde außerdem die dafür notwendige technische Voraussetzung, also das Fotometer selbst, von der Projektgruppe hergestellt. 

Soviel fachliche Vernetzung ist längst nicht immer gegeben, so dass es nicht weiter erstaunt, dass Dr. Jakob Trefz seine Lerngruppen über viele Jahre hinweg zur erfolgreichen Teilnahme an schulinternen, regionalen, aber auch landesweiten Wettbewerben anspornen konnte, wie beispielsweise „Jugend forscht“, „Odenwälder Geistesblitze“ oder auch „Realität und Vision“. Unter seiner kompetenten Anleitung wurde das Gymnasium Michelstadt sogar JuFo-Schule 2012 in Hessen. Diese wichtigen Bausteine beim Aufbau des MINT-Schwerpunktes prägen nachhaltig auch das öffentliche Bild der Schule in diesem Bereich.

Seine pädagogische Vita wird abgerundet durch weitere verantwortliche Tätigkeiten, sei es die jahrelange Mitgestaltung des Schullebens als Sammlungsleiter, Fachsprecher und Strahlenschutzbeauftragter oder seine Betreuung der MINT-AG. Fachbereichsleiter Knapp entließ per humorvoller Rede und Urkunde somit nicht nur einen verdienten Oberstudienrat, sondern auch einen Experimentalwissenschaftler ersten Ranges, den seine halb russische, halb deutsche Seele zu einem ganz besonderen Teil des Kollegiums am Michelstädter Gymnasium gemacht hat.

RICHARD KNAPP / CHRISTIANE SCHWERMER