Gedenken

Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Michelstadt gedachten im Rahmen einer würdevollen Veranstaltung unter Teilnahme von Bürgermeister Dr. Robischon am Dienstag, den 9. November 2021, der Michelstädter Opfer der Pogromnacht.

Auch die diesjährige Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer der Pogromnacht gestalteten Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkäfte unter der Leitung von Studiendirektor Franz Bürkle maßgeblich mit und halten damit die Erinnerung an die jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger Michelstadts, die am 9. November 1938 attackiert, beraubt, gequält und in Konzentrationslager deportiert wurden, am Leben. Musiklehrerin Albena Vogel begleitete die Veranstaltung stimmungsvoll mit dem Saxophon.

Nachdem Franz Bürkle, der sich seit vielen Jahren engagiert gegen das Vergessen der Holocaustopfer einsetzt, in die Veranstaltung eingeführt und Bürgermeister Dr. Robischon mit einer bewegenden Rede an die Opfer der Pogromnacht erinnert hatte, stellte Bürkle am Beispiel von Otto Reichhardt, Geschäftsmann und Vorstand der jüdischen Gemeinde, der am 9. November 1938 im historischen Rathaus Michelstadts eingesperrt und am folgenden Tag ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert wurde, die Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung Michelstadts dar.

Gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern verlas Andreas Lippmann, Lehrer des Gymnasiums Michelstadt, Stellungnahmen von Beteiligten der Pogromnacht in Michelstadt, Zeugnisse der Bagatellisierung und Duldung der abscheulichen Taten sowie Lossprechungen von der eigenen Schuld.

Schülerinnen und Schüler trugen, angeleitet von Studiendirektorin Christiane Schwermer, Gedichte vor, die unter schwierigsten Bedingungen von Insassen des Konzentrationslagers Buchenwald verfasst wurden und in der Gedichtanthologie „Der gefesselte Wald: Gedichte aus Buchenwald“ erschienen sind. Es handelt sich dabei um literarische Werke, die Hoffnungslosigkeit, Angst und Tod der Holocaustopfer authentisch und zutiefst erschütternd darstellen, aber bislang unbeachtet blieben und von Christiane Schwermer für die Gedenkveranstaltung perfekt ausgewählt wurden.

Außerdem wurden von Schülerinnen und Schülern persönliche Eindrücke von Besuchen des Konzentrationslagers Buchenwald vorgelesen, die die Betroffenheit der Jugendlichen zum Ausdruck bringen.

Nach einem Totengebet, vorgetragen durch den Vorbeter Roman Melamed, wurden von den Schülerinnen und Schülern Rosen und Steine an den in Michelstadt zum Gedenken an die Opfer des Holocaust verlegten 59 Stolpersteinen abgelegt. Steine werden traditionell auf jüdische Gräber gelegt. Sie zeigen, dass ein Grab besucht wurde und die Verstorbenen nicht vergessen werden. Die Rosen symbolisieren die Vergänglichkeit des Seins und sind ein Hinweis auf ein künftiges Leben bei Gott. Die Schülerinnen und Schüler ergriffen jeweils das Wort und nannten Namen und Wohnsitz der Opfer. Eine wichtige Geste, an die Menschen, die in den Konzentrationslagern zu Nummern degradiert wurden, mit ihren Namen zu erinnern, um ihnen Menschlichkeit und Identität zurückzugeben.