Festakt.3.klein"Die humanistische Bildungsidee des Schulgründers Graf Albert zu Erbach-Fürstenau ist auch heute noch Teil unserer Schulphilosophie“

Am 26. März 1823 wurde das damals neu gegründete Progymnasium Michelstadt eröffnet. Genau 200 Jahre später am 26. März 2023 wurde in der Einhards Basilika in Michelstadt-Steinbach, einem der wenigen noch heute gut erhaltenen Gebäude aus karolingischer Zeit, die Festschrift anlässlich des zweihundertjährigen Schuljubiläums des Gymnasiums Michelstadt in Anwesenheit zahlreicher bekannter Persönlichkeiten, die der Schule verbunden sind, der Öffentlichkeit präsentiert.

Festakt.1.kleinSo begrüßte Schulleiter Oberstudiendirektor Richard Knapp Bundes- und Landtagsabgeordnete sowie Vertreterinnen und Vertreter der Kommunalpolitik, örtlicher Kreditinstitute und Serviceclubs. Außerdem freute sich Herr Knapp über die Anwesenheit seiner drei Vorgänger im Amt sowie von Louis Graf zu Erbach-Fürstenau, Nachfahre des Schulgründers Graf Albert zu Erbach-Fürstenau. 
In seiner Rede resümiert der Schulleiter, dass die Schule, wie unsere gesamte Umgebung, einem zeitlichen Wandel unterlegen ist, aber dennoch vieles die vergangenen 200 Jahre überdauert habe, so würde ein Mensch aus dem 19. Jahrhundert auch in unserer heutigen Zeit noch viel Bekanntes in der Schule finden:
„Es gibt Klassenräume und Klassengemeinschaften, Lehrpläne und Prüfungen. Und da ist eine Lehrkraft, die sich um die Kinder kümmert, ihnen Sachen und Zusammenhänge erklärt und sie in einem Reifeprozess begleitet“, führt Richard Knapp aus und erklärt, dass die Rolle und Persönlichkeit des Lehrers durch keine noch so ausgefeilte Technik oder Lernform zu ersetzen ist und so steht noch heute die Begleitung und Unterrichtung der Kinder und Jugendlichen durch die Lehrkräfte im Zentrum der Schule, denn „die Idee der Bildung im humboldtschen Sinne mit dem Ziel der Entfaltung persönlicher Fähigkeiten und Talente braucht ein Gegenüber“, erläutert Schulleiter Richard Knapp. Aus diesem Grund, folgert Knapp, ist „die humanistische Bildungsidee des Schulgründers Graf Albert von Erbach-Fürstenau auch heute noch Teil unserer Schulphilosophie“.

 

Festakt.2.kleinStudiendirektorin Christiane Schwermer und Oberstudienrätin Christine Stellwag, die maßgeblich an der Festschrift mitgewirkt und die redaktionellen Aufgaben übernommen haben, präsentierten die 175 Seiten starke Festschrift in gleichsam lehrreicher und unterhaltsamer Manier.
Kenntnisreich stellt Christiane Schwermer die Geschichte des Gymnasiums Michelstadt, welche mit der Stadt Michelstadt und der Umgebung eng verwoben ist, dar. Dabei bezieht sie auch den Ort der Veranstaltung, die Einhardsbasilika, in ihre Überlegungen ein. Einhard, der im Alter von 25 Jahren in den engen Beraterkreis Karls des Großen berufen, seine Kenntnisse der lateinischen Schrift nutzen konnte und später als Belohnung für sein Werk mit dem Ort Michelstadt beschenkt wurde, dokumentierte das Leben Karls in einer Biographie, der „Vita Karoli Magni“, hielt das Wirken der Mächtigen der damaligen Zeit fest, um „zu dokumentieren und zu kommentieren, ja, schlicht und einfach zu bezeugen, was war“, so berichtet Christiane Schwermer. Dies verbinde uns gleichermaßen mit der Zeit um 800 wie mit der um 1800, schlussfolgert Christiane Schwermer.
Mit der Gründung der Schule vor 200 Jahren zeigte Graf Albert von Erbach-Fürstenau eine moderne und aufgeklärte Haltung, denn Bildung war „in den allermeisten deutschsprachigen Gegenden einer adligen Oberschicht, in den größeren Städten bestenfalls recht allmählich einer bürgerlichen Elite vorbehalten. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung hatte keine Chance auf Bildung“, veranschaulicht Christiane Schwermer.
Ein wesentliches Anliegen der Festschrift sei es, so Schwermer, innezuhalten und zurückzublicken, denn nur, wer seine Vergangenheit kenne, könne die Gegenwart zukunftsweisend gestalten.
Christine Stellwag ging in ihrer Rede auf die vielfältigen schulischen Angebote und Schwerpunkte ein, über die man sich im 6. Kapitel der Festschrift informieren kann. So lobte sie die Möglichkeit, ein Musikinstrument zu erlernen und sich in den Chören, der Bigband oder dem Orchester einzubringen.
Auch im Sport hat das Gymnasium Michelstadt als Schulsportzentrum seinen Schülerinnen und Schülern viel zu bieten, denn „aufgrund der Schwerpunktsetzung können bereits ab Klasse 5 zusätzliche Sportkurse belegt werden, erläutert Christine Stellwag.
„Seit dem Jahr 2008 trägt das Gymnasium Michelstadt das Gütesiegel MINT-Excellence-Schule“, so Christine Stellwag. Dies ermögliche es naturwissenschaftlich begabten Schülerinnen und Schülern, von den damit verbundenen Kooperationen mit Firmen und Universitäten sowie den MINT-Camps, die gemeinsam mit den Partnerschulen ausgerichtet werden, zu profitieren.
Im sprachlichen Bereich bietet das Gymnasium Michelstadt neben Intensivkursen zur Beherrschung der deutschen Sprache auch Sprachdiplome der modernen Fremdsprachen Französisch, Englisch und Spanisch an. Bei den vielfältigen Auslandsfahrten und Schüleraustauschen können die Sprachkenntnisse erprobt und erweitert werden, stellte Frau Stellwag unter Verweis auf das vierte Kapitel der Festschrift dar.
Gemeinsam gaben Christiane Schwermer und Christine Stellwag außerdem einen humorvollen Einblick in die Arbeit an der Festschrift und verlasen so manche E-Mail, in der es um zu spät eingereichte Beiträge und allerlei unerwartete Missgeschicke und Probleme ging, die dem Redaktionsteam so manchen Stein in den Weg legte.

Musikalisch wurde die Veranstaltung mit Werken der Komponisten Franz Schubert und Ludwig van Beethoven, die allesamt aus dem Gründungsjahr 1823 stammen, umrahmt. Ein Stück aus der Bühnenmusik zu „Rosamunde“ von Franz Schubert wurde von Maica Boiselle (Fagott), Anne Mickat (Querflöte), Joachim Hüther (Oboe), Lovis Weller (Klarinette) und Albena Vogel (Klavier) dargeboten.
Aus den Bagatellen von Ludwig van Beethoven spielte Thorsten Klingelhöfer-Marquard die Nummern 4 und 6 auf dem Klavier. Die Lieder „Wohin“, „Halt“ und „Tränenregen“ aus dem Liederzyklus „Die schöne Müllerin“ von Franz Schubert sang Thorsten Klingelhöfer-Marquard, begleitet von Joachim Hüther am Klavier. Zum Abschluss der Feierstunde wurde passend zum Anlass das Kunstlied „Des Tages Weihe“ von Franz Schubert durch Maica Boiselle (Sopran), Luisa Ninger (Sopran), Christiane Schwermer (Alt), Albena Vogel (Alt), Thorsten Klingelhöfer-Marquard (Tenor), Markus Terk (Tenor) und Carl Philip Weber (Bass) unter der Begleitung von Joachim Hüther am Klavier vorgetragen.

Die Festschrift blickt auf die bewegte zweihundertjährige Geschichte der Schule von der Gründung bis zur Gegenwart, zeigt die Schwerpunkte und Aktivitäten der Schule, lässt die Akteure zu Wort kommen, bietet zahlreiche kurzweilige Anekdoten und lädt zum Schmökern ein. Besonders bemerkenswert ist, wie auch Christiane Schwermer in ihrer Rede betont, dass im Zuge der Arbeit für die Festschrift erstmals auch die Geschichte des Gymnasiums Michelstadt in der Zeit des Nationalsozialismus untersucht und aufgearbeitet wurde. Christine König setzt sich in ihrem äußerst gelungenen Beitrag mit dem Schulleben unter der nationalsozialistischen Diktatur auseinander und beleuchtet insbesondere das Wirken des damaligen Schulleiters Dr. Ernst Saal, der 1933 als Direktor eingesetzt worden war.

Darüber hinaus gibt es in der Festschrift interessante Fundstücke aus Archiven und privaten Sammlungen zu entdecken. Hier ist vor allem ein Ölgemälde des Schulgründers Graf Albert von Erbach-Fürstenau, das, wie Christiane Schwermer in ihrer Rede ausführte, im gräflichen Archiv entdeckt wurde, zu nennen. Das Gemälde, es wird hinsichtlich seiner Bildsprache in der Festschrift von Christiane Schwermer auf das Vortrefflichste erklärt, zeigt die von der Aufklärung beeinflusste Weltsicht und das humanistische Bildungsideal des Grafen.

Festakt.4.kleinAm Ende der Feierstunde dankte Schulleiter Richard Knapp allen Beteiligten für Ihre Mitarbeit an der Festschrift und für die Unterstützung der Veranstaltung sehr herzlich. Vor allem den Musikerinnen und Musikern, die den Festakt mit ihren Darbietungen bereichert haben, und den Lehrerinnen Anne Forstreicher und Erika Weigand, die das Layout erstellt haben, dankte Richard Knapp für ihr Engagement.
Gerne nahmen zahlreiche Gäste im Anschluss die freundliche Bewirtung mit Snacks und Getränken des Schulelternbeirates in Anspruch und ließen das Beisammensein mit angeregten Gesprächen ausklingen.

Sicherlich haben sich viele Gäste im Anschluss an die Feierlichkeit in die Festschrift, die einen einmaligen Einblick in die Historie der Region sowie die Aktivitäten der Schule bietet, vertieft.
Allen Interessierten ist der Kauf des Werkes bei einer der kommenden Jubiläumsveranstaltungen zu einem Preis von 5,00 Euro wärmstens zu empfehlen.